SWR Aktuell: Hat es das früher überhaupt schon gegeben, dass das Thema Rente die jüngere Generation so sehr beschäftigt?
Rüdiger Maas: In dem Ausmaß nicht, aber die jungen Menschen hören das halt jeden Tag in den Medien, aber auch von ihren Eltern und Großeltern, also auch von Menschen, die in der Rente sind. Die sagen ebenfalls: Das, was sie jetzt ausbezahlt bekommen, reicht überhaupt nicht, hinten und vorn. Und wenn ich jetzt als junger Mensch weiß, dass ich noch weniger bekomme, habe ich ja eigentlich mehr oder weniger gar keine Zukunftsprognose, langfristig gesehen.
SWR Aktuell: Es gibt noch viele andere Themen, Klimawandel, Krieg und Frieden, Wohnraummangel et cetera. Trotzdem ist das Thema Rente bei den Jüngeren gerade sehr dominant. Woran liegt das?
Maas: Das liegt jetzt an den Beschlüssen. Es ist wieder aufgeploppt, aber in der Alterskohorte sind ja auch diejenigen, die jetzt dann bald in die Arbeit eintreten werden. Die treten dann in einen Weg ein, wo sie wissen, dass sie am Ende eben nichts rausbekommen, sondern erstmal nur einzahlen, weil da das System erstmal so gar nicht geändert worden ist, dass junge Menschen dann irgendeiner Form eine vernünftige Rentenperspektive haben.
SWR Aktuell: Jüngere und ältere Generationen sind sich in diesem Punkt ja erstaunlich einig: Die Rentenpläne sind nicht gerecht, weil sie zu Lasten der Jüngeren gehen. Dass es diese Einigkeit gibt, macht es das für die junge Generation wiederum vielleicht auch schwierig, sich gegen die ältere Generation aufzulehnen?

Dass die Zukunft düster ausschaut, ist das, was wir den jungen Menschen jeden Tag vermitteln.

Quelle: Rüdiger Maas, Vorstand des "Instituts für Generationenforschung"

Maas: Vor allem verstärkt es noch mal die Befürchtung der jüngeren Menschen. Wenn die Älteren das schon ungerecht finden, dann potenziert sich das eben noch stärker. Man muss einen ganz neuen Hebel ansetzen, man muss vielleicht auch bestimmte Generationen aussparen von dem System und nochmal neu kalibrieren, nochmal neu ansetzen, um da dann auch zukunftsfähig zu sein. Das ist genau das Problem. Es wirkt dann immer so, dass die Zukunft halt immer mehr oder weniger für die Jüngeren halt einfach viel, viel schwieriger ist, als es für die Älteren der Fall war. Und das ist ähnlich wie bei der Klimakrise oder dergleichen. Es geht immer, dass die Zukunft quasi so düster ausschaut – und das ist das, was wir eben den jungen Menschen jeden Tag vermitteln.
SWR Aktuell: Wenn Sie sagen, dass man bestimmte Generationen aussparen muss, was meinen Sie genau damit?

Wenn wir in Generationen denken, könnten wir vielleicht eine höhere Rentengerechtigkeit erzielen.

Quelle: Rüdiger Maas, Generationenforscher

Maas: Man könnte jetzt zum Beispiel für alle, die jetzt auf die Welt kommen, also für alle Neugeborenen, das sind 660.000 ungefähr, jetzt einen ETF-Fonds oder irgendwas anlegen, wo dann die Regierung jedes Jahr zumindest 1.000, 2.000 Euro pro Person zahlt. Das ist immer noch weniger als die 87 Milliarden, was sie jetzt an der Rente nachschießen. Dann hätte man jetzt die sogenannte Generation Beta, die jetzt eben auf die Welt kommt, schon mal ausgespart. Das heißt, man muss sich um die schon nicht mehr Sorgen machen, weil die eben da diese Fondsrente haben.
Dann könnte man alle Menschen, die jetzt in den Arbeitsmarkt kommen, eben nicht mehr verbeamten. Das heißt also, auch hier haben wir dann mehr Einzahler, die dann nochmal da das Rentensystem mehr mitstrukturieren. Auch die ganzen Selbstständigen könnte man jetzt eben auch in die Rente mit reinnehmen. Dann hätte man jetzt zum Beispiel schon diesen Brocken weg, und wir hätten jetzt nur noch eine kleinere Kohorte, um die wir uns kümmern müssten. Und da könnte man vielleicht ganz andere Logik ansetzen. Wenn wir hier in Generationen denken, könnten wir vielleicht eine höhere Rentengerechtigkeit erzielen.